What happened in a nutshell: Die 6600 Männer der Thebäsischen Legion, angeführt von Mauritius, sollen aus dem Raum des heutigen Ägyptens stammen und allesamt Christen gewesen sein. Vor der Schlacht gegen Gallier soll Kaiser Maximilian, der sein Lager in OCTODURUM aufgeschlagen hatte, die Legion dazu angehalten haben, den römischen Göttern zu opfern. Als Christen mochten sie das aber so gar nicht tun und zogen ins benachbarte AGAUNUM. Als Strafe wurde die Legion vorerst zwei mal dezimiert, will meinen, dass zwei mal zehn vom Hundert ausgelost und hingemacht wurden.
Die Legionäre sollen so gar nicht opponiert haben und geradezu nach dem Martyrium getrachtet haben, was doch schon ziemlich nach Katholiken tönt. Wenn die das so wollen, wird sich der Kaiser gesagt haben und soll die verbliebenen vier Fünftel den anderen hinterher geschickt haben.
OCTODURUM ist als heutiges Martigny leicht zu verorten und die römische Siedlung AGAUNUM lag an der Strasse nach dem Simplonpass und ist heute als St-Maurice bekannt und nun ist auch klar, wie die eingehend geschilderte Kurzgruselgeschichte ins Bild der Gegend passt.
Spulen wir ein wenig vor, aber gar nicht allzu viel. Bald schon war das Römische Reich ein Fall für die Geschichtsbücher und am Ort des Massakers, an welchem bereits ein römisches Heiligtum stand, errichtete der König und spätere Heilige Sigismund im Jahr 515 die Abtei Saint-Maurice. Mit dem nunmehr 1500-jährigen Bestehen, handelt es sich um das älteste Kloster des Abendlandes. Ich finde es immer ein bisschen gar dick aufgetragen, wenn ein Geschäft ‚since‘ neben einer Jahreszahl wie 2016 oder so hinschreibt. Since 515 – das ist mal eine Jahreszahl, wo showing off angebracht wäre. Aber diejenigen, welche damit angeben könnten, üben sich in Demut.
Ausgerüstet mit einem Audioguide hatten wir die gesamte museal erschlossene Anlage mitsamt archäologischer Stätte während zwei Stunden für uns alleine. Welch eine Wohltat. Wir konnten daher so richtig in die Kulturgeschichte eintauchen. Im 8. Jahrhundert, vor mehr als 1200 Jahren also, wurde bereits die sechste Kirche über den Sarkophagen der Heiligen errichtet. Man stelle sich das mal vor! Entsprechend unübersichtlich präsentieren sich dem Laienauge die Mauern der archäologischen Stätte. Mit Hilfe von Tafeln, virtuellen 3D-Modellen und vor allem genügend Musse, lässt sich das archäologische Puzzle aber einigermassen aufschlüsseln.
Mit den Gebeinen der Märtyrer verfügte die Abtei Saint-Maurice bereits über eine stattliche Anzahl Reliquien und wer hat, dem wird bekanntlich gegeben und so erhielt die Abtei noch so manche Reliquie dazu geschenkt, unter anderem ein Stachel aus dem Dornenkranz Jesu und selbstverständlich auch Teile des Kreuzes selber. Noch beeindruckender ist aber, wie es die Abtei geschafft hat, den Kirchenschatz über die vielen Jahrhunderte zu retten. Mehr als einmal musste dieser ausserhalb des Klosters in Sicherheit verbracht werden und so überstand er sämtliche Kriege und Plünderungen.
Kaum zu glauben – 1300 Jahre alt Dorn aus dem Kranz Jesu In diesem Schrein ruhen die Gebeine des Mauritius
Wer die Provenienz von Reliquien anzweifelt, muss sich nicht gleich als Häretiker wähnen. Eingesammelt und zusammengesetzt, wäre gar mancher Heiliger von sagen wir mal interessanter Physiognomie gewesen und mit dem bisweilen gehandelten Holz des Kreuzes Christi hätte sich gut eine Arche zusammenzimmern lassen.
Aus heutiger Betrachtung sind aber nicht so sehr die Gebeine an sich interessant, sondern die zu deren Aufbewahrung und Verehrung geschaffenen Kulturgüter. Die von Saint-Maurice sind allererster Güte und den Türen der Schatzkammer wäre auch mit einem Schweissgerät oder anderem vergleichbar schweren Gerät nicht beizukommen.