Sorrent ist noch so hübsch, kann aber sonst nicht viel. Zudem scheinen uns vier Zugfahren von und nach diesem Ort genug an der Zahl und so nahmen wir den Weg Hotel – Bahnhof soeben ein fünftes und letztes Mal unter die Hufe und verlassen Sorrent for good.
Wie um den Entscheid zu unterstreichen drängte sich soeben einer mit Harmonika und Ghettoblaster in die eh schon vollgestopfte Klapperkiste von einem Regiozug und beschallt uns, dass man die die Apokalypse ankündigenden Hörner nicht mehr zu hören vermochte. O sole mio. Du mich auch. Ich schraube mir die an sich schon festsitzenden Sennheiser noch tiefer in die Gehörgänge. Vermutlich werde ich heute noch einen HNO-Arzt benötigen, der mir diese wieder rauslötet. Immerhin spielt er korrekt, also der Zugestiegene, nicht der Arzt.
Streifzug durch Neapel
Wir gehen also mal schauen, was Neapel kann. Das gibt es ja auch noch und Napoli ist immerhin die zweitgrösste Stadt im Land. Pizza fritta ist hier geil, will meinen, dass eine an sich schon schwere brotartige Speise durch frittieren noch einmal um einiges an Kalorien aufgebohrt wird. Sagenhaft.
Szenenwechsel, nunmehr in Neapel.
Mittags beim Bezahlen in einem Ristorante: Ich sähe aus wie ein Italiener. Okey, das hat mir noch niemand gesagt. Ob es wohl daran läge, dass meine Grossmutter eine Rosseli und meine Urgrossmutter eine Quinterno gewesen sei, frage ich sie. Da hätten wir es, meinte sie erfreut, das sei das Blut, il Sangue. Wieder draussen betrachte ich mich im Spiegel und versuche mir vorzustellen, ob ich mich selber als Italiener einschätzen würde, begegnete ich mir hier in den Gassen. Aber vielleicht flirtete sie auch bloss mit mir. In diesen Dingen bin ich in aller Regel ein Nullchecker, der darauf angewiesen ist, dass mir das im Anschluss eine Dritte offenbart. Meist weisen mich Frauen darauf hin, sie scheinen dafür das bessere Sensorium zu haben als ich.
Vom Castel Nuovo am Hafen von Neapel zum Palazzo della Borsa zurück ins Hotel
Auch in einem Ristorante, aber in einem anderen und am Abend: Woher er sei, fragte sie Stefan. Aus der Schweiz. Sie sei mal in Zürich gewesen, aber das sei ihr viel zu perfekt gewesen da. Milano sei gerade noch gegangen, aber auf Dauer sei ihr das auch zu viel gewesen. Danach sei sie wieder in die Gegend von Neapel gezogen, das sei besser. Da hat sie wohl klug entschieden. Beim Umhergehen in dieser Stadt frage ich mich wiederholt, ob wir denn wirklich in Neapel oder doch eher in Delhi und damit in Indien gelandet sind. Die Stadt ist laut, schmutzig und ziemlich kaput. Kaput scheint hier jedoch das neue schick zu sein, denn niemand scheint sich daran zu stören. Und so werfen wir uns in das Gewusel, achten auf den Strassen darauf nicht überfahren zu werden und auf den Trottoirs nicht in Hundescheisse zu treten. Auch hoffen wir das permanente Hupen, das eine Art Landessprache ist, ohne Tinnitus zu überstehen.