Stahlblauer Himmel über Helgoland. Wir haben unsere Koffer gepackt und in in der ersten Etage des Treppenhauses des Gästehaus Siemens verstaut. Schon bald werden wir die Insel wieder verlassen, um uns ans nächste Ziel Amrum zu begehen.
Zuerst erklommen wir ein letztes Mal die Stufen ins Oberland hinauf, wo wir uns vor den Mauern der Helgoländer Vogelwarte versuchten vorzustellen, wie es im Innern aussieht. Da nur Werktags am Nachmittag Besuche möglich sind, mussten wir uns mit den Erläuterungen von Herrn Hofer und Bildern von vergangenen SF-Exkursionen aushelfen, die ich auf meinem Laptop herumzeigte. Diese Führung vor geschlossenen Türen war insofern wichtig, als es sich bei der Vogelwarte von Helgoland um die älteste solche Institution in Europa handelt und die Anlage über ein ausgeklügeltes Reusensystem verfügt, mit dem alle Vögel, die auf der Durchreise durch die Nordsee hier stranden, seit vielen Jahren systematisch gezählt und beringt werden.
Um 10.00 Uhr erwartete uns vor dem Café Krebs eine nette Dame vom Museumsverein, die uns in die Bunkeranlage der Insel führte. Von den ursprünglich über 10 km langen Bunkeranlagen sind heute noch noch einige 100 Meter zugänglich, die damals als Schutzbunker für die Helgoländer Bevölkerung dienten. Für die damals an die 2000 Menschen, die auf der Insel lebten, standen im Bunker 50 cm Holzbank zur Verfügung. Die Bunker wurden im Zweiten Weltkrieg rege benutzt, da die Insel, als wichtigster Marinestützpunkt von Hitler, häufig von englischen Fluggeschwadern überflogen und gegen Kriegsende auch heftig bombardiert wurden. Wenn man auf den Holzbänken sitzend den tragischen Geschichten zuhörte, die uns die Dame vom Museumsverein über die Kriegsjahre auf Helgoland erzählte, konnte man gut die Angst und den Schrecken nachempfinden, die der Zweite Weltkrieg auch nach Helgoland gebracht hatte.
Der Traum Hitlers einen riesigen hummerscherenförmigen Marinehafen bei Helgoland zu verwirklichen platze 1947 kurz nach Kriegsende definitiv, als die Engländer den Vorrat an Kriegssprengstoff in den Militärbunkern der Insel zündeten und somit einen grossen Teil der Insel in der grössten jemals durchgeführten nicht atomaren Sprengung zerstörten. Bis 1952 blieb die Insel weiterhin unter britischer Kontrolle und wurde als Bombardierungsübungsgelände genutzt. 1952 ging die Insel aber wieder zurück an Deutschland und die bis dato im Exil auf dem Festland lebenden Helgoländer konnten zurück in ihre Heimat kommen und aus dem Schutt der Insel eine neue Existenz aufbauen.
Im Zentrum des Oberlandes steht als Symbol des Durchhaltewillens ein über hundertjähriger Maulbeerbaum, der bisher alle Stürme, zwei Weltkriege und die Sprengung der Insel überlebt hat.
Nach dem Mittagessen besuchten wir die Wasserentsalzungsanlage, die die Insel mit Trinkwasser aus Meerwasser versorgt. Die meisten Häuser auf Helgoland sind zwar mit einer Regenwasserzisterne ausgerüstet, doch kann bei hohem Touristenansturm der Trinkwasserbedarf bei weitem nicht gedeckt werden. Während früher sogar Wasser per Schiff auf die Insel transportiert wurde, stellt man heute Trinkwasser mit Hilfe einer Umkehrosmoseanlage her. Dabei wir Meerwasser mit 60 bar Druck über eine spezielle Folie gepresst, die auf verschiedene Druckmodule aufgewickelt ist. Durch die Poren der Folie passen nur die Wassermoleküle. Das Salz im Meerwasser, die gelösten Mineralien und sogar biologische Bestandteile wie Bakterien oder Viren können nicht passieren. Das durch die Folie tretende hochreine Wasserpermeat muss dann in einem weiter Schritt remineralisiert werden, indem es durch feines Gestein (Dolomit, Jurakalk) gepumpt wird. Die ganze Anlage wird nach nun mehr 30 jährigem Einsatz im laufenden Betrieb schrittweise erneuert. Ich bin gespannt, wie die Anlage nächstes Jahr aussehen wird.
Zurück im Zentrum trafen wir vor unserer Abreise mit dem Katamaran noch kurz auf die zweite SF-Gruppe, die ihre Reise auf Amrum begonnen hatte und uns heute auf Helgoland ablöste.
Mit 50 Sachen peitschte der Adler Cat sich den Weg durch die Wogen der Nordsee hindurch. Die direkte Überfahrt von Helgoland nach Amrum war zwar eine höchst praktische Reisealternative gegenüber dem Umweg über Büsum und Niebüll, den wir bisher immer gemacht haben, doch war es durch das ständige Schaukeln nicht mehr ganz allen wohl zu Mute.
Nach knapp drei Stunden erreichten wir dann aber wohlbehalten den Fährhafen von Wittdün, von wo aus wir mit einer Spezialbus ruck zuck den Campingplatz erreichten. Die Wohnwagen mitten in den Dünen waren schnell bezogen und so genossen wir den ersten Abend auf Amrum im pulsierenden Lichte des nahe gelegenen Leuchtturms.