Die nächsten zwei Tage werden ein einziger ‚Road Movie‘ und dem entsprechend anstrengend. Von Remedios bis nach Varadero sind es über fünf Stunden Fahrt mit dem Car, dann nochmals zweieinhalb bis Havanna. Morgens um Drei müssen wir dann am Flughafen sein. Es werden vier Flüge folgen, zuerst von Havanna zurück nach Panama. Von dort geht es nach Curaçao, wo wir das Gepäck entgegennehmen und gleich wieder einchecken müssen. Der nächste Stop ist Port of Spain in Trinidad und Tobago. Und wenn Alles klappt, landen wir schliesslich morgen Abend in Surinames Paramaribo. Ist also ein bisschen wie Mister X spielen. Nur nicht mit der Metro sondern mit dem Flugzeug.
Vorerst liegen aber viele Kilometer leerer sechsspuriger Autobahn vor uns. Pferdewagen gehen daher auch völlig in Ordnung. Das Pferd erfüllt in Cuba noch immer eine wichtige Funktion.
Es bleibt also viel Zeit für ein paar Gedanken über Kuba. Gedanklich aufgewärmt bin ich auch, weil ich soeben eine Vorlesung über deskriptive Ethik gehört habe. Ist auch spannend, soll hier aber nicht Gegenstand der Überlegungen sein. Würde den Rahmen dann doch etwas sprengen.
Vor der Reise habe ich mich gefragt, in welchem Land ich wohl die grössten kulturellen Unterschiede erleben würde. Ich hätte dabei wohl auf Vietnam oder Samoa getippt. Kuba sollte sich jedoch als diesbezüglicher Spitzenreiter herausstellen. Eine Reise durch Kuba ist wie eine Reise durch die Zeit, ein halbes Jahrhundert in die Vergangenheit. Wir stellen uns vor, dass es in der Schweiz in den Fünfzigern ein wenig so ausgesehen hat. Häuser, Autos, Pferdewagen, Gebäude, die Zeit scheint hier mit der Revolution stehen geblieben zu sein. Wobei die Hauptursache nicht die Revolution sein dürfte, sondern deren Folgen in Form des Wirtschaftsembargos.
Die Armut oder vielleicht mehr der generelle Mangel an Vielem ist frappant. Auch Samoa war arm, aber eher in einem ursprünglicheren und damit naturverbundenerem Sinn. Kuba kommt mir hingegen vor wie ein Land, in welchem die Entwicklung urplötzlich zu einem Stillstand kam. Zu einem guten Teil hindern sicherlich die Wirtschaftssanktionen Kuba an der Entwicklung. Der andere Teil ist aber hausgemacht. Das System investiert beispielsweise viel in eine gute und akademische Bildung der Leute. Diese gut ausgebildeten Leute können sich dann aber nicht einbringen, weil einerseits Vieles von Wenigen entschieden wird und Kuba andererseits ein Agrarstaat ist. Auch wenn sich die Regierung durchaus für die Menschen einsetzt, die Staatsform der Diktatur hat nunmal systembedingte Schwächen mit gravierenden Nachteilen.
In dieser Woche sind uns aber auch einige Dinge aufgefallen, in welchen hier kein Mangel besteht. Die Geschäfte sind beinahe leer, voll sind aber die Gestelle mit Rauchwaren und Alkohol. Überall Rum in dermassen rauhen Mengen, dass wir uns dahinter eine nicht zwingend unbedenkliche Systematik vorstellen können.
An Musik mangelt es auch nicht. Überall Musik. Sitzt man in einem Restaurant, dauert es keine zehn Minuten und eine Band steht da und spielt. Buena Vista Social Club überall, man wähnt sich wie im Film mit Ry Cooder. Und Musik das können sie hier. Jede Band spielte schön und mitreissend. Sollte einmal nicht ganz klar sein, ob ich tot bin oder nicht – einfach solcher Musik aussetzen und wenn ich mich nicht mehr bewege, na dann bin ich wohl in die ewigen Jagdgründe entschwunden. Die Musik ist schön. Wobei auch klar ist, dass es dabei ums Geld geht. So vieles dreht sich hier um Geld. Jeder will Geld von uns. Einerseits nervt das, andererseits tun uns die Leute auch leid, weil keiner hier von seinem Beruf leben kann. Und so geben wir halt. Gern genommen werden auch Kleider und, interessanterweise, Kugelschreiber, weil es solche hier offenbar nicht gibt.
Wohin steuert Kuba? Feliz meinte, dass offenbar ein jüngerer Nachfolger für Raul Castro bereit stünde und wir dürfen gespannt sein, wo Kuba in zwanzig Jahren steht. Das Wirtschaftsembargo dürfte auch mehr Tradition sein, denn heute noch einen konkreten Zweck darstellen. Die Diktatur dürfte als Begründung nicht hinreichen, denn schliesslich geschäften die USA auch mit anderen totalitären Systemen. Wann wird dieser alte Zopf wohl abgeschnitten?
nicole 20. Februar 2017
Ihr Lieben. Eure Berichte sind toll. Schön auf diese Weise ein bisschen mitzureisen. Geniesst es weiterhin. Big kiss nicole
Stefan und Steffu 21. Februar 2017 — Autor der Seiten
Uhu, Nicole
Danke Dir für die nette Message. Toll, Dich mit dabei zu wissen.
In einer Woche ist dann aber fertig mit in der 🌎 umherreisen und wir werden zurückkommen. Irgendwann ist halt auch die schönste Party zu Ende 😐.
Aber vorher geben wir nochmals Alles in Suriname 🇸🇷.
Ich freue mich auf ein Wiedersehen!
😘 Steffu