Der Belle Époque folgten dunkle Zeiten. Aus war es mit floralem Schuschu-Jugendstil. Eigentlich wollten wir heute nach dem Kurort Karlsbad fahren. Ebenfalls Jugendstil, man kann es sich denken.
Prag hat nicht nur Jugendstil zu bieten
Doch dann entdeckte Stefan die Garnisonsstadt Terezín. Also Bastionen, Raveline, Glacis, Kurtinen, Hornwerke. Belfort, Gravelines, Neuf-Brisach, Lucca et al. Solche besehen wir uns auch gerne. Mit Terezín verhält es sich allerdings so, dass uns dessen deutscher Name viel eher ein Begriff ist. Leider, ist man geneigt zu meinen. Terezín steht eben auch für das Konzentrationslager Theresienstadt.
Terezín: Ein bereits vom Konzept her abgeschotteter Ort
Festungsanlagen waren so konzipiert, dass keiner rein kam. Sie lassen sich aber auch so verwenden, dass keiner raus kann. Und so vertrieben die deutschen Besatzer 1941 die 3500 Bewohner von Terezín. Frank, Heydrich und Eichmann hielten in einem Sitzungsprotokoll fest, bei welchem es um die Lösung der Judenfrage im Protektorat Böhmen und Mähren ging: «In Theresienstadt werden bequem 50’000 bis 60’000 Juden untergebracht. Von dort kommen die Juden nach dem Osten.»

Das bedeutete Schreckliches. Wer nicht bereits auf dem Transport dahin verstarb, kam in Theresienstadt an den Lagerbedingungen um, oder wurde aus dem KZ nach dem Osten verbracht, was die Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, Treblinka, Majdanek oder Sobibor meinte. Von den insgesamt 141‘184 Inhaftierten, überlebten gerade mal an die 4000 den Krieg.
Auch wenn es sehr bedrückend ist: Gedenkstätten wie Theresienstadt sind wichtig
Bevor wir uns aber das Memorial beim damaligen Gestapo-Gefängnis in der Kleinen Festung antaten, wollten wir uns nach der Fahrt von Prag aufkoffeinieren. Also sassen wir im Zmrzlina, wo sie uns bereits morgens um zehn Kartoffelsalat und Schnitzel anboten. Nachdem er uns Salven tschechischer Sätze entgegengefeuert hatte um sogleich festzustellen, dass diese an uns abprallten, schickte er sie vor. Sie sprach ausgezeichnet Deutsch und fragte uns, ob wir wirklich nichts essen möchten. Sie entschuldigte sich für die nicht so schön gelungene Zeichnung auf dem Schaum des Cappuccinos. Diese sah aus wie der grüne Geist Slimer aus Ghostbusters. Ihr Bruder müsse das noch üben. Aber der Kaffe darin sei sehr gut. War er nicht. Aber wir sagten nichts. Der Kaffee in Prag war auch so. Vermutlich muss das Getränk hier so wässrig.
Die Garnisonsstadt ist so trist wie der Kaffee dünn ist
Ansonsten ist Terezín auch abgesehen von dem geschichtlich Belasteten ein trister Ort. Vielleicht haben das Garnisonsstädte so an sich. Der Himmel verdüsterte sich nach Tagen eitel Sonnenschein ebenfalls dazu passend. Die Ausstellungen zum KZ sind gut gemacht, aber sie vermögen den damaligen Schrecken wohl kaum zu fassen. Die im Titel aufgeführten Buchstaben «RU» stehen für das SS-Interna «Rückkehr unerwünscht». Wurden Häftlinge damit überstellt, bedeutete das deren Ende.
Um jedes Eck kamen uns Carladungen Kiddies entgegen. Es ist gut, dass sie sich Orte wie diesen anschauen. Die derzeitige Weltlage kann uns nicht optimistisch stimmen.
Geologie zum Anfassen: Basalt-Säulen des Herrenhausfelsens
Im České středohoří, dem Böhmischen Mittelgebirge, sollte unser nächstes Ziel liegen. Seit dem Besuch des Giant‘s Causeway in Irland wissen wir, dass Basaltformationen Besuche wert sind. Panská skála, zu deutsch Herrenhausfelsen wird die dreissig Meter hohe Basalterhebung genannt. Die Route dahin brachte gut siebenhundert Kurven und neunhundert Schlaglöcher mit sich.
In den kleinen Dörfern säumen immer wieder traditionelle Häuser die Strasse
Malibu und wir erholen uns nun am pittoresken Waldsee Olešský rybník. Das Singen der Vögel lässt mich auf Musik verzichten. Die Vögel singen zwar Tschechisch, aber das geht in Ordnung.
Kaffeepause auf dem Campingplatz am See