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Stefan & Steffu's travels

Lungensanatorium

Als es gestern Abend beim Schauen eines Films rumpelte, vermutete ich unmittelbar Zeuge eines Erdbebens zu werden. 1992 richtete ein solches in Ägypten grosse Verwüstung an. Erst als sich der Verstand einschaltete, wurde mir Hornochse bewusst, dass sich unser Hotelzimmer auf einem Schiff befindet, einem fahrenden Schiff notabene. 

Unterdessen sind Schiff, Mann und Maus zurück in Luxor. Wir haben das Oberdeck für uns alleine. Die Beine in der morgendlichen Sonne in Tücher eingewickelt, sehen wir auf unseren Liegen wie Tuberkulosekranke aus, die vor hundert Jahren in einem Lungensanatorium eine Luftkur genossen. Damit hat es sich aber auch schon mit der Parallele. Hier atmest du die von Abgasen geschwängerten Luft nämlich eher widerwillig ein. Nach unserer Rückkehr ist eine Fahrt in die Berge und ein Aufenthalt in einem Lungensanatorium wahrscheinlich nötig, um unsere Atemwege wieder so richtig mit frischer Edelweissluft durchzuspülen. Fein- und Saharastaub, NOx, Schwefeloxide, VOCs, Schwermetalle – nicht alles ist besser in Ägypten.

Unterwegs auf den Nil – durch Natur und Schleuse und vorbei an Ortschaften

Ferienbilder und-beschreibungen vermitteln in aller Regel ein geschöntes Bild. Das Leben allgemein und Ferien im besonderen müssen instagramable sein. Das erscheint wichtig. Wir wollen uns da nicht ausnehmen. Instagram wird von uns wohl auch deshalb nicht bedient, da wir mit diesem Blog eine eigene Plattform unterhalten. Da soll man schon aufrichtig sein. Aber wir waren bei der Luftverschmutzung. In Norwegen werden ab sofort keine Verbrenner mehr verkauft. Und hier? Die Umweltbelastung scheint hier keinen auch nur die Bohne zu interessieren. Man kriegt sogar den Eindruck, dass umso geiler ist, was möglichst lärmt und eine pechschwarze Wolke ausstösst. Dabei wird die Klimaerwärmung Ägypten als nordafrikanisches Land mit Sommertemperaturen von heute schon bis zu 50° eisern treffen. Derweil ich das schreibe ist mir aber auch bewusst, dass wir beide nicht zu Fuss hierhin gekommen sind.

Auch ist uns bewusst, dass wir uns hier in einer Bubble bewegen und bewegt werden. Zwar können wir uns aus dieser herausbegeben, beispielsweise mit einem Spaziergang, aber dann werden wir sofort zu Freiwild. Da wird gleich zum Halali geblasen. Das ist bei entsprechender Vorsicht zwar meistens nicht gefährlich, richtig konnotiert wird ein Neinverstanden und sogar akzeptiert, aber es ist anstrengend und die Lust am Flanieren geht damit abhold. Wir fühlen uns daher in für uns ungewohntem Masse unfrei. Das bekannte Bild mit dem goldenen Käfig scheint zutreffend. Ein Märchen aus 1001 Nacht mit schwer zu atmender Luft.

Gestern und heute können wir programmfrei das Schiff geniessen – das ist auch mal schön und dem Prinzip von Strandferien   nicht eben unverwandt. Wir sind uns das mit unserem wuseligen Reiseverhalten nur nicht mehr gewohnt. Früher konnte ich das. In Spanien am Ranzen liegen und ein Buch ums andere inhalieren. Heute geht das irgendwie nicht mehr. Das ist wohl Altersmilde oder -ruhe mit umgekehrten Vorzeichen.

Das Sonnendeck für uns alleine – gemütliche Tage an Bord

Soeben mussten wir ein detailliertes Feedback-Formular ausfüllen, welches vom Chef umgehend zusammen mit dem Küchenchef studiert wurde. Sowieso, der Chef. Dieser hat eine verstörende Ähnlichkeit mit Mola Ram, dem Priester aus Indiana Jones und der Tempel des Todes der den Leuten das Herz aus dem lebendigen Leib herausreisst. Er hat sogar denselben irren Blick drauf. Dass er mit uns zudem stets mit breitestem Grinsen Schweizerdeutsch spricht, macht die Sache nicht unbedingt besser. Sogar die «ch»spricht er wie wir Schweizer mit den kratzenden «k» aus, hinter welchen Deutsche stets eine Halskrankheit vermuten.

Wir gaben auf jeden Fall durchwegs positive Rückmeldungen und verwiesen einzig darauf, dass bessere Englisch-Skills der Crew Konversationen über «Enjoy your time, Ser» hinaus ermöglicht hätten. Beide konnten wir uns vor unseren inneren Augen lebhaft ausmalen, wie die Crew künftig zur Zimmerstunde beim Chef antraben und Sprachunterricht wird nehmen müssen. Auch sehen wir ihn «Kkkuchikkkäschtli» aufsagen und wie seine Mannen das wiederholen müssen.

Unterdessen haben wir uns vor der belasteten Luft in den Salon gerettet. Wer möchte schon schwarze Wolken ausatmen, zumal zwischenzeitlich ein Betankungsboot neben unserem Schiff zu liegen kam und welches während dem Betanken ordentlich laut vor sich hindieselte. Im Zweiten Weltkrieg hätte man denen im U-Boot-Jargon Milchkühe gesagt. Ein U 99 mit dem Kretschmer auf Feindfahrt ist gottlob keines in Sicht. Der Nil ist auch maximal acht Meter tief. Da ginge eh nur Überwasserfahrt.

Nächtliche Stimmung am Nil

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