Helsinki – das letzte Mal als ich hier war, da waren ich noch jung und spritzig mit Interrail unterwegs. Maria hat mir verboten zu sagen, wie viele Jahre das zurück ist. Wir wollen doch nicht immer daran erinnert werden, wie alt wird bereits sind. Jedenfalls bin ich jetzt nur noch „weder noch“ und projektbedingt in Helsinki. Und ja, die/der regelmässige Blog-Besucher:in wird vielleicht schon bemerkt haben, dass hier eine andere Feder am Schreiben oder besser gesagt ein anderes Paar Fingernägel auf der Tastatur herum hackt.
Da die Unterrichts- und Unibesuche erst am Montag beginnen, bleibt heute Zeit die Stadt zu erkunden. So mache ich mich Mittags auf einen architektonischen Spaziergang durch Helsinkis Strassen auf.
Die Architektur der Gebäude spiegelt die wechselhafte Geschichte der Hauptstadt Finnlands wieder. 1550 auf Befehl des schwedischen Königs Gustav I. Wasa als Konkurrenz zur Hansestadt Tallinn als Helsingfors gegründet, verlor Helsinki nach der Eroberung von Tallinn durch Schweden nach kurzer Zeit bereits an Bedeutung wurde aber 1812 nach Eroberung durch Russland von Zar Alexander I. per Dekret zur Hauptstadt ernannt, da die damalige Hauptstadt dem Zaren zu weit von St. Petersburg entfernt war (Quelle: Wikipedia).
Mit der Unabhängigkeit Finnlands 1917 von Russland setzt nicht nur politisch und gesellschaftlich sondern auch baulich ein Wandel ein. In dieser bewegten Zeit vollzieht sich der Wandel vom russig geprägten, klassizistischen Stil hin zur Moderne.
Der Dom trohnt wie ein Tempel über dem Senatsplatz
So beginnt der architektonische Spaziergang chronologisch gesehen am Senatsplatz mit dem Dom (Tumiokirkko). Der Dom trohnt wie ein antiker Tempel auf einem Steinsockel und leuchtet durch die flache Sommersonne in gleissendem Weiss. Zu seinen Füssen liegt der an ein römisches Forum anmutende Platz, eingefasst von klassizistischen Prunkgebäuden, deren ionischen und korinthischen Säulen eine deutliche antike Formensprache sprechen.
Einen Steinwurf entfernt erinnert die Finnisch-Orthodoxe Uspenski-Kathedrale im byzantinischen Stil an die russische Herrschaftszeit.
Die orthodoxe Uspenski-Kathedrale: ein klares Statment der ehemalige russische Herrschaft
Mit dieser antiken Strenge brechen jedoch die deutlich verspielte Jugenstilhäuser aus der Jahrhundertwende um 1900, die vereinzelt die Hauptflaniermeile Alexanterinkatu säumen. Doch auch dieser Baustiel bedient sich alter Vorbilder und nimmt ganz im Stil der Romantik gotische Stilelemente auf.
Deutlich verspielter sind die Jugendstil-Häuser. Kamele habe ich in Helsinki aber keine angetroffen
Die Strenge hält jedoch in den 1920er und 30er Jahren mit dem Art Déco wieder Einzug in die Architektur und Kunst. Dekorative Elemente an den Gebäuden sind zwar immer noch wichtig, doch werden sie Symmetrien und Linien untergeordnet.
Mit der Symmetrie hält im Art Déco die Strenge wieder Einzug, jedoch mit einem Augenzwinkern
Das Art Déco ebnet den Weg über das Bauhaus in die klassische Moderne mit der absoluten Strenge der grundlegenden, geometrischen Formen.
Über das Bauhaus kommt der Übergang zur klassischen Moderne
Nach soviel Mauerwerk, Beton und Glas tut ein Sauna-Gang mit Bad im Sea Pool am Hafen von Helsinki dem Körper und ein Konzert des Knabenchors Cantores Minores im Dom gut!
Klänge, die ans Herz gehen: Cantores Minores aus Helsinki