Die NZZ diskutiert heute das Umschreiben klassischer Werke in einfache Sprache mittels KI. Zweifelsfrei ist es zu begrüssen, wenn Literatur auf diese Weise Menschen nähergebracht werden kann, welche sonst wohl Mühe bekunden würden, diese zu verstehen. KI kann vieles, aber den tieferen Sinn, das implizit in feinsten Untertönen Mitschwingende, den vom Autor oder der Autorin mitgegebene Geist, dies vermag sie nicht zu transportieren. Am Nebentisch steht ein hagerer Greyhound und scheint besorgt zu blicken, die Rute eingezogen zwischen den Beinen. Das muss allerdings nichts heissen, wirken Windhunde doch stets etwas kränklich und besorgt. Beim Reflektieren darüber, ob sich Goethes Faust in einfache Sprache umformulieren liesse, ohne dass das Werk dabei zu Asche zerfiele, wird mir bewusst, wie sehr mein Denken wohl von der Technik des Generalisierens geprägt ist. Zumindest, wenn ich mich anstrenge. Die Neuropsychologie geht ja davon aus, dass wir in 99% unserer Wachzeit quasi auf Vollautomatikmodus laufen. Und dies nicht einmal bemerken.
Das (kartografische) Generalisieren wurde uns in den 90ern dermassen eingeprägt, dass sich dies dereinst wohl aus unseren versteinerten, in Formaldehyd eingelegten oder etwas moderner kryotechnisch erhaltenen Gehirnen wieder auslesen liesse. Ich mochte das Generalisieren immer, also die Tätigkeit Gleiches gleich, Unterschiedliches differenziert, Charakteristisches hervorgehoben, Unwesentliches weggelassen – und weiteres mehr – darzustellen und so ein Landschaftsbild für die Betrachter zu schaffen, welches ihnen eine gute Vorstellung von diesem ermöglichte. Bis zu einem bestimmten Grad kann der Prozess der Generalisierung als eine Abfolge von Algorithmen betrachtet werden. An einem bestimmten Punkt wird sie zur Kunst, zu einer, deren Schönheit sich erst mit langer Praxis, manchen wohl nie erschliesst.
Als ich mich in jüngerer Zeit von Amtes wegen intensiv mit der Jurisprudenz zu beschäftigen begann, las ich mit Freude, dass das Rechtsgleichheitsgebot dergestalt umschrieben wird, dass Gleiches nach Massgabe der Gleichheit gleich und Unterschiedliches nach Massgabe der Unterschiedlichkeit unterschiedlich zu betrachten sei. Merksch öpis? Da treffen sich Kreise. Goethe rief dazu auf, dass der Anfang mit dem Ende und das Ende mit dem Anfang zu verbinden sei und alles also zu einem Kreise und so erst ganz gemacht werden kann. Ich beginne mich wohl allmählich zu entspannen. Wir erreichten soeben die Grafschaft Devon.
Mit dem Omnia-Ofen hat Steffu ein herrliches Gratin herbeigezaubert
Cornwall scheint nicht so die Gegend für das Freistehen zu sein. Wildcamping machen wir ja eh nicht, wir stehen frei. Das ist ein kleiner, aber feiner und mitunter entscheidender Unterschied. Würden wir dabei einmal von der Polizei angesprochen – wurden wir in den vergangenen vier Jahren noch nie – würden wir übrigens nachschärfen, dann wären wir lediglich am Halten zur Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit. Müde fahren soll man ja nicht. Als verantwortungsvolle Menschen nehmen wir das sehr ernst. Da müsste zuerst einmal dagegen gehalten werden. Es versteht sich natürlich von selbst, dass man beim Halten zur Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit nicht die Markise ausgefahren und den Grill angeworfen hat. Das wäre dann in der Tat wildes Campieren. Feinheiten zwar, aber the devil is in the detail. Item. Cornwall scheint eben nicht so gemacht für, aber dafür hat es tipptoppe Campingplätze. Es lohnt sich alleine schon fast der Betreiber wegen Campingplätze zu besuchen; die Leute sind so etwas von freundlich, gechillt und für einen entspannten Schwatz zu haben. Zudem hüpfen da stets lustige Vögel um einen herum. Grossbritannien ist ein tolles Reiseland.
Unsere gefiederten Campingplatz-Wärter