Es ist noch immer Samstag und wir A26en uns stets noch Richtung Calais, aber irgendwie steht die Venus gerade so gut im dritten Haus des Sternzeichens Einhorn, dass ich schon wieder schreiben muss. Oder ob es an der hübschen französischen Akkordeon-Musik liegen mag, welche ich uns von Youtube auf die Malibulautsprecher streame? Das wird es sein. Und besser ist das auch, französische Sender sind leider kein Lauschen mehr. Da wird nämlich nur noch geschnorrt und dann nicht mal etwas Vernünftiges, sondern nur noch Werbung. Episch. Zwar gibt es alle zwanzig Minuten knapp drei Minuten nullfünf musikalische Unterbrechung, aber wer mag sich das antun? Ich tat es vor gut einer Stunde und meinte zu mir selber, dass ich mich nun mal im Stoizismus üben sollte, aber nach einer Viertelstunde war ich so kirre, dass ich sogar Aggressionen gegen das Gras am Fahrbahnrand zu entwickeln begann und mir überlegte, ob ich bei den nächsten eidgenössischen Wahlen SVP wählen sollte.
Wer solches ernsthaft in Erwägung zieht, sollte sich Sorgen machen. Oder eben den Kanal wechseln. Wobei Youtube bezüglich Werbung ja auch nicht mehr das ist, was es einmal war. Da lobe ich mir die alten Schellackplatten. Ich schaue mich im Van um. An welcher Stelle sich ein Grammophon wohl am besten verlöten liesse? Ämu nicht an der Decke. Da wäre es zwar nicht im Weg, aber dann fällt die Platte beim Spielen runter. Nicht praktisch. Und wenn wir das Grammophon auf das Dach schnallen und den Lautsprechertrichter ins Fahrzeug führen würden? Das müsste gehen.
Wir sind jetzt dann gleich Calais. Da waren wir auch schon. 2012. Mit meinen Elstern und mit Hund Nico. Der lebt noch immer. Also die Eltern auch. Aber Hunde haben ja meist ein früheres Ablaufdatum als Menschen. Die Reise damals war jedoch eine thematisch andere. Zuerst 1914 +, Marne, Somme und Verdun, dann Aggregat 4 (V2) in Éperlecques , Utah-, Omaha- und Sword-Beach an der Normandie und alles. Wobei thematisch gesehen die Briten ja ganz massgeblich beteiligt waren und so passt diese Reise ja irgendwie auch. Aber unsere Schwerpunkte sollen andere sein. Mal schauen.
Abendstimmung am Ärmelkanal
Szenenwechsel: Hastings, Sonntag, 17:55 GMT; Leute, ich bin nudelfertig. Wegen den britischen Strassen. Also nicht wegen dem Linksverkehr, das geht easy, aber die vorgesehenen Tempi sind hoch und die Strassen dabei dermassen eng, dass ich nun weiss, wieso es England heisst. Auf dem Campingplatz in Hastings angekommen, schaffte ich es eben noch, mich vom Fahrerinnensitz durch den Gang nach hinten und auf das Bett zu zittern. Check-in musste ich Stefan überlassen.
Das Übersetzen lief super, also nicht das Übersetzen vom Schwyzertüütsch ins Englische oder so, sondern von Calais nach Dover. Zeit, Lanes, Verkehr, Fähre, alles lupenrein. Nachdem Malibu gestern mehr als 600 Kilometer abwickeln musste, war er heute froh, selbst umhergeschippert zu werden. Zumal er nicht schwimmen kann. Würde wohl eher tauchen, käme dann aber nicht mehr hoch. Wir wollen es nicht nicht versuchen.
Mit der Fähre geht es ruck zuck nach Dover
Check-In wie am Flughafen, nur im Camper!
Dover Castle war eine der mächtigsten Festungen von Europa. Wir hatten dieses gar nicht auf dem Plan, dafür sollte es aber gleich ein tagesfüllendes Programm werden. Wir wurden jedenfalls empfangen, als wären wir weissichnichtwer mitsamt von und zu und alles und wurden beraten aufs Feinste. Zwar waren wir danach 115 £ ärmer, aber dafür haben wir nun gleich eine Jahresmitgliedschaft bei English Heritage und können an die tausend Sehenswürdigkeiten besuchen, ohne nochmals britische Pfund in die Hufe nehmen zu müssen, Stonehenge inklusive. Ihr wisst, was das heisst? Jawoll, wir werden nun ein volles Jahr hierbleiben müssen. Die 115 Piepen werden wir aber so was von raushauen. Bei King Arthur, Excalibur und den Mannen von der Tafel der runden!
Dover Castle mit römischen Leuchtturm (Pharos) und Weltkrieg-Geschichte als Marine-Hauptquartier