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Stefan & Steffu's travels

Flucht zu den Samen

20:25 (MEZ +1), Swamps Nähe Tuurukoskenniemi, Finnland: Mücken so gross wie Mumins und aggressiv wie Trump auf Crack und wir mitten im Wald. Wehe Du setzt da einen Fuss vor den Van und bist mit Blut wie dem meinem gesegnet. Ja, dann wird der Himmel zappenduster mit den Viechern in der Luft und wenn Du da nicht aufpasst, endest Du wie eine der Filmset-Leichen in Indiana Jones. Also nicht kreischend, sondern einfach so staubtrocken, weil leergesaugt. Nebenbei: Mumien kreischen im Fall gar nicht. Ich habe das überprüft. In Leuk hat es ja eine Mumie und in einer Ausstellung in Zürich hatte ich auch welche gesehen. Keine hat gekreischt. Wie auch, dazu bräuchte es zumindest einigermassen intakte Stimmbänder. Diese wurden den ägyptischen Mumien zwar nicht entnommen und in spezielle Gefässe verbracht, wie beispielsweise Innereien oder das Gehirn, aber nach so langer Zeit sind die Stimmbänder definitiv im Eimer. Die Gehirne der Verblichenen und Soon-to-be-Mumien wurden übrigens durch die Nase … aber ich beginne wohl abzuweichen.

Wir sind ämu in den Swamps und es stellt sich die Frage: Wie konnte es soweit kommen. Und das ging so:

Der Tag fing schon Scheisse an, aber an Liegenbleiben war absolut nicht zu denken. Der Sturm am Nordkapp war vorüber. Nicht, weil er sich gelegt hat, sondern weil er direkt in einen Orkan übergegangen ist. Es riss dermassen abartig am Van, dass ich um halb Fünf aufwachte und nicht mehr einschlafen konnte und zwar weil mir übel wurde. Seekrank an Land! Dass das überhaupt geht, hätte ich nicht gedacht. Geht aber offenbar. Und dabei haben wir den Van noch mit dem Schuhlöffel taktisch schlau zwischen zwei anderen Womos als Windfang reingewürgt.

Also machten wir um 04:40 klar Schiff und bewegten den Van weg von dem Kapp. Dreissig Kilometer später entdeckte ich eine topografische Depression, welche zudem asphaltiert war. In dieser Senke war tatsächlich ziemlich ruhig, wir legten den Van hin und uns nieder.

Diese Herde Rentiere tummelt sich um unseren Rastplatz im Schutz vor den Windböen

Drei Stunden später erneut, aber diesmal auf natürlichem Weg wach, stellte ich mit Freude fest, dass eine Herde Rentiere es uns gleich getan hat und sich in eben dieser Senke ebenfalls zur Ruhe gelegt hatte. Lustigerweise schienen auch unsere Biorhythmen synchron, sie und ich wurden nämlich zeitgleich aktiv. Sie mit grasen, ich mit duschen. Die armen Huftiere kriegten ihre Dusche in Form von Sprühregen, aber das schien sie nicht weiter zu kratzen. Irgendwann standen sie um unseren Van rum und es störte sie mitnichten, als wir die Fenster öffneten, um die zu flashen.

Wir liessen die Tiere dann aber grasen und nahmen die Strasse unter die Hufe. Dasselbe wie gestern retour und 100 Kilometer landeinwärts war dann ruhig.

Also fuhren wir nach Karasjok, der Hauptstadt der norwegischen Samen. Wobei Stadt irgendwie übertrieben ist, hätte uns die Dame im GPS nicht angeschrieen, wir hätten uns nicht mitten in einer Stadt gewähnt.

Finnland: einfach geradeaus durch die Birkenwälder

Dementsprechend tanzte hier auch nicht eben der Bär. Als interessierte Reisende besuchten wir natürlich das samische Museum, um uns mit der Kultur vertrauter zu machen. Viel gab es da aber leider nicht vertraut zu machen, die Informationen waren teilweise nicht in Englisch vorhanden und auch sonst ziemlich dünn.

Auf historischer Immobilienschau: wie die Samen früher hausten

Obwohl ethnische Minorität und ein Volk ohne Land, verfügen die norwegischen Samen sogar über ein Parlament in Karasjok. Dieses tagt derzeit zwar nicht und wäre auch sonst nur mit Führung zu besuchen, aber der Bau ist allein schon hübsch anzuschauen. Wir besuchten das Parlament dann wie vor Ort empfohlen virtuell und teilen den Clip gerne mit Euch.

Sitzungssaal des Norwegisch-Samischen Parlaments

Digitale Tour durch das samische Parlamentsgebäude (in Englisch)

Die Temperaturen sind wieder deutlich angenehmer. Wobei es schon noch interessant ist. An der norwegischen Küste ist es derzeit zwar kalt, aber auch im Winter fallen die Temperaturen meist kaum unter Null. Hier im nahe gelegenen Lappland, kann es im Sommer 30° heiss und im Winter -50° werden. Also eine Differenz von frappanten 80°.

Also haben wir dem Malibu erneut die Sporen gegeben und bald schon standen wir am finnischen Zoll. Zwei Grenzbeamte, Schäferhund, Alles. Es interessierte aber lediglich unser Covid-Zertifikat, welches er, also einer der beiden Herren, nicht der Hund, mit seinem Handy auszulesen suchte. Ging nicht. Heller und grösser gemacht. Ging nicht. Papierversion gegeben. Ging auch nicht. Es sei schon gut, schöne Fahrt. Hinterher frage ich mich, ob da überhaupt eine entsprechende Anwendung auf seinem Gerät war. Uns egal. Wir sind drin und in Finnland geht das Vorwärtskommen viel flotter voran, als in norwegens Norden. Weil gerade Strassen und Tempo 100. Uns soll es recht sein. Mal wider etwas wärmer wäre nun auch kein Seich.

Mit der Wärme, dem Minus an Wind und vielen, vielen stehenden und fliessenden Wassern gehen aber eben die Mücken einher. Aber darum kümmern wir uns morgen. Weil müde.

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2 Kommentare

  1. Pädu Huber 26. Juli 2021

    Sehr schöne Bilder und Eindrücke, merci für das Teilen.
    Macht extrem Lust auf den Norden 🙂

    • Stefan und Steffu 26. Juli 2021 — Autor der Seiten

      Vielen Dank für deine Nachricht. Der hohe Norden und Lappland haben uns sehr gefallen. Wir haben den Polarkreis soeben wieder überschritten. Unsere Eindrücke von Schweden wir bald schon teilen.

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