Um Sieben Stress gemacht, Grauwasser weg, Frischwasser in’ Tank rein, waren wir bereits um Acht auf Achse, liessen um Zehn die Lofoten hinter uns und nahmen Kurs auf Tromsø. Weil da eben die Sache mit den Distanzen ist. Nordlandtor und Polarkreis liegen bereits ein gutes Stück im Süden und ein Strassenschild zeigte soeben an, dass es nach Kirekenes 1020 Kilometer seien. Kirkenes, Norwegen, versteht sich. Das ist dann aber wirklich die äusserste Region dieses nie enden wollenden Landes.
Von dort wäre es dann noch ein Katzensprung in den Poljarnyfjord und damit in den Oblast Murmansk. Wäre auch noch geil dorthin zu fahren, weil in Murmansk einst die Nordmeerflotte der Союз Советских Социалистических Республик (UdSSR) stationiert war. Auch heute noch liegt da allerlei Spannendes vor Anker oder rostet vor sich hin. Aber da hin wäre Stress ohne Ende, wir kennen das ja mit dem organisieren eines Visums nach Russland. Zudem ist Poljarny glaubs immer noch eine geschlossene Stadt und ob eine Reise dahin unserem Malibu gut bekäme, wäre dann noch eine andere Frage.
Bleiben wir also vorerst in Norwegen, schliesslich haben wir noch immer ziemlich Strecke. Heute eben nach Tromsø.
Unterwegs dann unverhofft etwas Mächtiges, Braunes auf einem Grasstreifen neben einem Wald – da küss mich doch der Elch! Beim nächsten Rastplatz auf dem Kies eine Handbremskehre und retour. Die Eigenschaft dieser Tiere, sich trotz zwei Metern zehn Schulterhöhe unsichtbar zu machen ist legendär. Dieses aber graste seelenruhig neben der Strasse. Ein anderer Van entdeckte den Elch offenbar ebenfalls, hatte aber eine andere Technik als wir, die wir einfach nochmals vorbeifuhren. Er hielt nämlich mitten auf der stark befahrenen Hauptstrasse, wo Tempo 90 gilt. Offenbar geht das in Ordnung, wenn man die Warnblinker setzt. Das schien dem Elch dann aber doch etwas zu bunt zu werden, er machte sich vom Acker und verschmolz mit dem Wald. Vielleicht sorgte er sich aber auch um das Wohnmobil auf offener Strecke. Altruismus Tier-Mensch – scheinen soziale Tiere zu sein, diese Elche.
Meine Güte, was es heute seikte. Alle zehn Minuten einen Wolkenbruch. Unsere Scheibenwischer kotzten schier. Wir sahen daher vom ursprünglichen Plan ab, den Wagen etwas ausserhalb zu parkieren, um mit den Bromptons in die Stadt zu fahren. Wir stellten den Van daher mitten in die City.
Tromsø – auch Paris des Nordens genannt
Tromsø ist eine geile Stadt. Holzhäuser treffen auf Modern. Ein Schiff der Hurtigruten mit dem passenden Namen ‚Nordkapp‘ liegt vor Anker. Davor machen an einer Gebäudefassade nistende Möwen einen Riesenkrach. Wir gehen dem Hafen entlang. Eine stattliche Möwe landet vor uns, im Schnabel einen Seestern, denn sie ergattern konnte. Bei ihr gibt es heute offenbar Sashimi zum Nachtessen. Für den Seestern hingegen wird das ein Tag zum vergessen.
Tromsø beherbergt mit der Eismeerkathedrale nicht nur die nördlichste Kathedrale des Planeten, sondern auch noch eine Kirche in neogotischem Baustil. Zwar muss Architektur diesen Baustils, wie auch dem Historismus, mit äusserster Vorsicht begegnet werden, aber diese Kirche aus Holz ist sehr hübsch.
Nicht das Schloss der Eiskönigin, sondern die Eismeerkathedrale
Wir gehen weiter. Uns begegnen einige vorsichtig ausgedrückt etwas arg dubios wirkende Gestalten. Also nichts gegen die Leute, aber ganz wohl war mir dann doch nicht mehr, da parkierte Vans durchaus zu spontanen eindringlichen Besuchen einladen können.
Der Van blieb jedoch unversehrt und so zogen wir weiter.