A12, Höhe Granges-Paccot: Wir fahren vorerst mal Lavaux. Nicht zu verwechseln mit dem ähnlich klingenden Lavabo. Wobei Parallelen natürlich gegeben sind; ersteres liegt am Wasser, letzteres hat auch mit Wasser zu tun, allerdings nicht per se mit dem Lac Léman. Wobei Lavabo nicht nur wie zu erwarten im Schweizerdeutschen und Französischen gebraucht werde, sondern laut einer Quelle der Wahl auch im Türkischen. Wie das wohl kommt? Merkwürdige Dinge geschehen wieder einmal. Wir fahren jetzt jedenfalls ins Lavaux. Empfohlen nicht vom Zufall getriebenen Reisezielgenerator – sonst könnte es uns noch nach Riga verschlagen, behüte – sondern mit Bedacht ausgesucht. Sie wollen ja nochmals Schnee. Also wir nicht, aber der Bucheli vom Dach im Leutschenbach. Und da …
… Wtf?! Vom Lac de la Gruyère ist praktisch nur noch das ‚de la Gruyère‘ übrig. Ich glaub, es hackt! Da kannst Du also glatt zur Ruine durchmarschieren und die pflegt sonst eigentlich auf einer pittoresken Insel zu stehen. Müssen da hin.
In Zeiten von Covid musst Du in Sachen Tourismus machen, was Du kannst und wir wären nicht in der Schweiz, wenn sie nicht zwei Döggel hingestellt hätten. Der erste knöpft Dir fünf Stutz ab, dafür weist Dir der zweite einen Van-tauglichen Flecken Gras zum Parkieren zu.
Wo sonst See ist, sieht es derzeit aus wie Mond. Oder Mars. Ich kann die beiden Dinger nie so recht auseinanderhalten. Wüste sind beide. Würde mich nicht wundern, wenn gleich der Mars Rover ums Eck käme und uns durch seine Kameraaugen studieren würde. Kam aber nicht. Nur andere Pseudo-Wandervögel wie wir, also urbanisierte Menschen mit Halbschuhen und Body-Mass-Indizes. Grauenvoll. Aber zur Insel schafften es alle. Selbst auf dem abfallenden, zum begehen mühsamst kiesigen Untergrund. Ist halt sonst See und das schleift die Steine rund.
Rund ist auch die nun vorübergehend mit Isthmus verbundene Insel. Nebst Tafeln, welche besagen, dass Du Masken tragen mögest, was jedoch keine Sau hier tut, hat es auch Infotafeln. Dergestalt fanden wir heraus, dass hier nicht nur im Mittelalter geburgbaut und gehaust wurde, sondern bereits vor 11‘000 Jahren wahrscheinlich Mufflons abisoliert und auf stilecht mit Feuersteinen entfachte Feuer geworfen wurden. Die Gegend wurde in der Hallstatt- oder Latènezeit allerdings temporal verlassen, wohl wegen angelegten Grabanlagen. Offenbar war die Störung der Totenruhe bereits damals schon kein Kavaliersdelikt mehr.
Immer noch, oder je nach Betrachtungsweise schon wieder auf der A12, allerdings mit nun auftauchendem Lac Léman vor uns. Der scheint noch Wasser zu führen. Haben wir ja noch mal Glück gehabt. Nicht selbstverständlich in diesen, unseren Zeiten, wo Covid nervt, anderes komplett vor die Hunde geht und Prinz Philip ist gestern ja auch noch vom Buckingham- in einen jenseitigen Palast umgezogen. Gerade mal zwei Monate vor seinem Hundertsten. Ein sehr schönes Alter zwar, aber dennoch ärgerlich. Ob blaues Blut ein langes Leben begünstigt? Auch seine Gattin beweist grenzenloses Stehvermögen, hat sie den Thron doch gefühlt kurz nach dem letzten Kreuzzug bestiegen und macht keinerlei Anstalten, diesen überhaupt noch einmal dem Charles freizugeben. Die wird den noch überleben und der Prinz wird sich das mit König wohl abschminken müssen. Uns betrifft das allerdings weniger. Könige waren den Eidgenossen ja immer schon suspekt und wurden von diesen gerne gut durchgeklopft. Darum haben wir keine Könige mehr. Nur noch den Rat der Sieben. Aber das passt schon so.
Jedenfalls sind wir nun im Lavaux. Weil UNESCO-Weltkulturerbe und hübsch und zudem mit 375 Metern auf Seehöhe schön tief gelegen. Stichwort Buchelis Schnee. Heute ist das Wetter jedoch noch bekömmlich und wenn Du den Dicken durch die teilweise sauengen Gassen der in den Weinbergen gelegenen Ortschaften würgst, kriegst Du von der Landschaft wenig mit. Abhilfe ist aber rasch gefunden. Keller geöffnet, Brompton raus und mit dem ist überall ein durchkommen. Und dank der Li-Ion auch den Steigungen beizukommen. Auf alle Fälle ist das besser so, weil die Strassen teilweise dermassen steil gebaut sind, dass ich mich ohne die paar zusätzlichen Watt Unterstützung um meine nun doch auch nicht mehr jüngste Pumpe sorgen müsste. Als die Strasse nach Grandvaux jedoch immer steiler und noch steiler wurde, begann ich mir allerdings auch Gedanken zu machen, ob der Motor das zu beissen vermag. Wenn ich hier anhalte, komme ich nie mehr hoch. Motor, ich und auch meine Pumpe schafften es schliesslich doch nach Grandvaux und allen dreien gönnte ich oben angekommen eine kurze Pause. Zudem wollte ich mir das Gotteshaus beschauen und also kettete ich das Brompton an eine Parkbank an.
Derweil ich das Lavaux vercheckte, bereitete Stefan im Van den Blog vor. Ich denke, dass das auch ein ganz guter Entscheid war. Mit seinem Brompton (ohne Tretunterstützung) wäre er die in Sachen Steigung der Eigernordwand ebenbürtigen Strasse nie raufgekommen.
Der Aufstieg lohnte sich jedenfalls. Ich vermute ohnehin, dass Höhe und Aussicht kausal zusammenhängen.
Kann sein, dass wir in Cully Fischknusperli als Take away kriegen. Einen Weissen habe ich mir auch gekauft. Allerdings studierte ich beim Kauf in Bulle nicht so weit, es handelt sich nämlich um einen spanischen. Im Weinbaugebiet Lavaux einen Weisswein aus Spanien verkosten geht ja eigentlich gar nicht. Die Eingeborenen würden uns wohl lynchen, wenn sie das wüssten. Wobei ich mal annehme, dass die Fische der Knusperli wohl auch nicht aus dem Léman sein werden. Wohl eher aus dem Baltikum. Womit wir wieder bei der Umgebung von Riga wären. Sante!