Morgens um Sieben streckte der Stromzähler die Fahnen, will meinen, dass wir die abends reingemünzten 7 € durchgepowert hatten. Passt schon. Nochmal Einszwanzig nachgefüttert, reichte es gut bis zum Aufbruch.
Eigentlich hatten wir nur einen Programmpunkt geplant, aber wir sollten uns heute als wilde Hühner erweisen. Davon wussten wir morgens aber noch nichts.
Als ich in Füssen beim Schmökern auf Google Maps den Ort Benediktbeuren erblickte und sah, erhub ich mich und es entfuhr meinem Gehege der Zähne: „Halt. Da war doch was!“ Eben. Kennt Ihr die CARMINA BURANA? O FORTUNA, VELUT LUNA? Genau. Carl Orff und so. CARMINA BURANA heisst zu Deutsch Beurer Lieder. Oder eben Lieder aus Benediktbeuren.
Also neues Ziel im Navi eingegeben und ab zum Kloster. Doch Bayern hat noch mehr Überraschungen auf Lager. Auf dem Weg nach Benediktbeuren entdeckten wir nämlich auf einer unscheinbaren Wiese ein UNESCO-Weltkulturerbe, die Wieskirche, ihres Namens das weltweit glänzendste Beispiel eines Kirchenbaus im Stile des Rokokos. ROKOKO! – der asymmetrische Bruder (oder Schwester) des Barocks. Das ist doch ein kurzer Zwischenhalt wert.
Doch zurück nach Benediktbeuren. Wie genau diese Sammlung doch recht weltlicher mittelalterlicher Lieder ins Kloster Benediktbeuren kam, ist unklar, jedenfalls wurden das Bändchen dort entdeckt. Von Carl Orff 1935/36 szenisch kantantiert, ist das Werk heute Allgemeingut und viele Menschen finden über dieses Werk den Zugang zur klassischen Musik.
IN TRUTINA MENTIS DUBIA
FLUCTUANT CONTRARIA
LASCIVUS AMOR ET PUDICITIA.
SED ELIGO QUOD VIDEO
COLLUM IUGO PREBEO
AD IUGUM TAMEN SUAVE TRANSEO.Auf des Herzens unentschiedener Waage
schwanken widerstreitend
Scham und liebendes Verlangen.
Doch ich wähle, was ich sehe,
biete meinen Hals dem Joch,
trete unters Joch, das doch so süss.
Wer aber in Kenntnis der brachialen mittelalterlichen Musik ein Kloster à la Der Name der Rose erwartet, wird vom pompösen Barock des Klosters enttäuscht sein. Umberto Ecos Name der Rose spielte sich in einem italienischen Benediktinerkloster ab, wurde jedoch im deutschen Kloster Ebersbach gedreht. Jedenfalls nicht in Benediktbeuren. Sean Connery trafen wir erwartungsgemäss dann auch nicht an. Nur ein paar Vergeistigte, die sich in der Kirche bekreuzigten. Wir also wieder raus.
Wir zirkeln auf dieser Reise etwas um die schlechten Wetterprognosen herum und beschlossen daher heute noch 170 km nach Burghausen zu fahren. Ihr erinnert Euch: Die längste Burg der Welt, an der Salzach direkt an der Grenze zu Österreich gelegen. Da war ich im Dezember auf meiner Interrail-Reise. Daher berichte ich an dieser Stelle nicht nochmal darüber. Stefan kannte die Burg aber noch nicht und es war schön, diesmal nicht alleine hier zu sein.
Die Burg ist noch immer saulang und wenn man das Vorwerk und die Altstadt auch noch begehen will, spult man sich einige Kilometer und Höhenmeter ab. Ermattet zurück im Camper meinte die App Health jedenfalls, dass ich 17 Stockwerke Treppe gestiegen sei. Fühlte sich an wie hundert.
Dann nochmal ein Blick auf die Wetter-App. Nun wollen sie doch nicht so schlecht morgen. Obwohl wir es uns eigentlich in Burghausen auf dem Platz bereits ganz gemütlich eingerichtet hatten, beschlossen wir, Salzburg nun doch wieder in die Reise reinzupacken, kehrten die Sessel wieder um und gaben dem Malibu heute nochmals die Sporen. Als wir in Salzburg eintrafen, war es bereits dunkel.
Ich beschloss, diese Nacht von der CARMINA BURANA zu träumen.
IN TABERNA QUANDO SUMUS
NON CURAMUS QUID SIT HUMUS,
SED AD LUDUM PROPERAMUS,
QUI SEMPER INSUDAMUS.
QUID AGATUR IN TABERNA
UBI NUMMUS EST PINCERNA.
HOC EST OPUS UT QUERATUR,
SI QUID LOQAR, AUDIATUR.QUIDA, LUDUNT, QUIDAM BIBUNT,
QUIDAM INDISCRETE VIVUNT.
SED IN LUDO QUI MORANTUR,
EX HIS QUIDAM DENUANTUR.
QUIDAM IBI VESTIUNTUR,
QUIDAM SACCIS INDUUNTUR.
IBI NULLUS TIMET MORTEM,
DES PRO BACCO MITTUNT SORTEM.