Rømø scheint das Mallorca Dänemarks zu sein. Mit der Dunkelheit zieht es die Nachtschattengewächse an den Strand und dann wummert es, als gäbe es kein Morgen. Wir gingen um Mitternacht auch kurz hin, aber nicht um Ballermann zu machen und uns volllaufen zu lassen, nein, um den Kometen C/2020 F3 NEOWISE zu finden. Wir brauchten ihn auch nicht lange zu suchen. Als sich unsere Augen etwas an die Dunkelheit gewöhnt hatten und die Pupillen Eulen gleich geöffnet waren – mit den richtigen Drogen wären wohl noch grössere Blendenöffnungen drin gelegen, aber wir sind da gesundheitsbewusst – entdeckten wir den Kometen rasch.
Ich erinnere mich an C/1995 O1 Hale-Bopp, der mir Nächte des Marschierens in der Offiziersschule etwas angenehmer gestaltet hatte. Wie die drei Könige rund 2000 Jahre früher, trugen wir damals auch merkwürdige Gewänder, aber im Gepäck hatten wir nicht Weihrauch und Myrrhe, sondern Sturmgewehre und schlechte Laune. Gestern aber hatten wir ganz gute Laune, schliesslich ist eine Reise durch Skandinavien angenehmer als Ferien in der Offiziersschule. Und es hat einen Kometen am Sternenhimmel. Sieht man ja auch nicht alle Tage. In sechs Tagen wird er in einer Distanz von gerade mal 0.69 AE an der Erde vorbeiziehen, um dann wieder in die Weiten des Alls zu entschwinden. Zurückkehren wird er wieder um das Jahr 8850 (+/- 285 Jahre). Bis dahin werden wir alle nicht einmal mehr Dünger sein und wieso in Anbetracht dessen nicht einmal gen Himmel schauen?
Bevor wir nun aber allzu existentialistisch werden, kehren wir auf den Boden hiesiger Tatsachen zurück. In Lakolk hat es einen Autostrand. Der Name ist Programm, das heisst also, dass die Leute kohortenweise mit ihren Wagen an den Strand fahren und diese dort kreuz und quer aufstellen. Das ist sehr praktisch. Da braucht man nämlich nicht zu gehen. Ist es sehr böse von mir, wenn ich nun sage, dass man es einigen auch ansieht? Wir beschlossen jedenfalls unseren Van nicht auch noch dorthin zu stellen, sondern dem Strand mit unseren Bromptons einen Besuch abzustatten. Sofern Du nicht vom Verkehr platt in den Sand gewalzt wirst, geht das auch ganz gut. Ab und zu dreht das Hinterrad leer oder rutscht das Vorderrad weg, aber wir fahren ja auch nicht mit dreissig Sachen an den Strand und so geht das.
Kaum am Strand suchten wir Laust, der in Dänemark und offenbar bis weit in den deutschen Norden hinein eine Legende ist und am Lakolk-Strand eine Hotdog-Bude betreibt. Wir erkannten ihn sofort aus der Fernsehdokumentation wieder. Laust ist wirklich ein ganz gemütlicher Typ. Ehemaliger Manager. Ausgestiegen. Recht hat er. Beim Bezahlen fragte er mich, ob wir Münz hätten. Ich sagte ihm leider nein, wir seien direkt zu ihm gefahren. Er lachte und sagte, dass das viele täten.
Es entzieht sich uns, was geil daran sein soll, tagein, tagaus zwischen Autos am Nordseestrand zu liegen. Aber offenbar ist es das, sonst hätte es nicht so viele Leute hier. Wir zogen es nach einem kurzen Besuch vor, zurückzufahren und uns unter das Vordach unseres Vans zu setzen. Da ist es ruhig und gemütlich und es lässt sich gut den Gedanken nachgehen, welche wie die Wolken an uns vorbeiziehen.
Ich glaube, ich steige auch aus und mache auch einen Hotdog-Stand auf. Nicht auf Rømø, aber es gibt viele schöne Strände auf der Welt. Reich wird man dabei nicht, aber vielleicht zufrieden. Unter mir wird Sand sein, über mir der Himmel und wer weiss – vielleicht sogar ein Komet.