10:30 Uhr, Business Lounge: So lässt es sich aushalten. Gekleidet in T-Shirts, Mammut-Hosen und Sneakers wirken wir hier etwas deplatziert. Aber falls das Personal mitleidige Blicke für uns haben sollte, so haben sie doch die Klasse, es uns nicht spüren zu lassen. Spiegelei und Omelette waren jedenfalls frisch und köstlich zubereitet und nach laktosefreier Milch für den Kaffe gefragt, kam diese rasch angeschwemmt. Und es ist angenehm ruhig hier. Keine (zu) lauten Gespräche, keine Hektik, nichts. Lediglich das tiefe Grollen startender Maschinen im Zweiminutentakt. Swiss, Swiss, Delta, United. Müssen dann aufpassen, das Boarding nicht zu verpassen vor lauter Entspanntsein. Weil das wäre dann ungut. Champagner wäre auch zu haben. Aber besser nicht zu früh in die Möst. Verträgt sich auf 33‘000 Fuss nicht zwingend gut.
14:05 MEST, Black Sea, 35‘000 ft.: Aah, welch ein Reisen, welch Freude, welche Wonne. Dieser Flug läuft unter dem Label „Nie wieder Economy“. Anstelle der 10 Sitze pro Reihe im unteren Deck, sind hier oben gerade mal vier blickgeschützte Boxen nebeneinander angeordnet. Darin Platz zum versauen, ein breiter Sessel, der sich elektronisch in die volle Horizontale verstellen lässt, ein riesiger Monitor und schallpegelausgleichende Kopfhörer. Champagner, Häppchen, Alles. Vom Fliegen merkt man nicht mehr viel. Für einmal werde ich im Flug wohl schlafen können. Ich denke, wir werden völlig relaxed in Singapore ankommen. Besser ist das.
Dekadent viel Platz
15:20 MEST, über Georgien (?): Also ein etwas schlechtes Gewissen habe ich schon. Ich lese gerade im neusten Buch des Club of Rome „Wir sind dran – was wir ändern müssen, wenn wir bleiben wollen, Eine neue Aufklärung für eine volle Welt“. Sagenhaftes Buch. Ihre Aussagen auf Fakten aufbauend und gut abstützend, zeigen Ernst Ulrich von Weizsäcker und Anders Wijkman eindringlich auf, wie der Mensch die stets knapper werdenden Ressourcen aufbraucht und dass Fünf vor Zwölf längst um ist. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie so ein Buch während dem fröhlichen CO2-Ausstossen in die Atmosphäre zu lesen. Wir haben zwar vonletzt das Langstreckenflugverhalten stark reduziert, fahren Fahrrad und Tram, wohnen arbeitsnah, haben kein Auto und essen kaum noch Fleisch – die schlimmste Klimasünde überhaupt – aber jässess, ein solcher Flug und die anderen Bemühungen sind zunichte gemacht. Was also tun? … Wir haben hier Wifi. Glaube ich poste mal ein paar Dinge und rufe anschliessend die Family hurti an. Und anschliessend mal schauen, wie es sich in der Horizontalen erträgt. Gute Nacht! 🌙