Gestern Abend trafen wir uns also um 20:30 Uhr mit Catherine und Max beim Kulturforum am Potsdamer Platz für einen Besuch des Freilichtkinos. Wir waren mit von den ersten, welche beim länger noch nicht geöffneten Kassenhäuschen standen und plauderten zusammen über Berlin und was gerade so läuft in der Stadt. Bald schon bildete sich eine lange Schlange und nach dem käuflichen Erwerb von Eintrittskarten konnten wir uns bestens gelegene Liegestühle ergattern. Der Stop-Motion/Animationsfilm „Isle of Dogs“ war gleichsam unterhaltsam und voller subtiler Komik, wie auch schon fast verstörend düster. Während des Films wurde es kühler und kühler und allmählich entfloh die Hitze des Tages aus unseren Gliedern. Da wir alle vier mit den Rädern angereist kamen, konnten wir den Abend mit einer mitternächtlichen Fahrradtour durch Berlin beschliessen. Wäre dies kein Blog sondern ein Kinderaufsatz, wäre jetzt folgender Schlusssatz idealtypisch: Müde aber zufrieden kehrten wir zurück.
Gleissendes Licht. Nanu? Was ist hier los? Hat die Sonne einen auf Supernova gemacht? Ich öffne vorsichtig die Augen. Aha. Mit der Sonne hat es tatsächlich zu tun, aber trotz vermeintlich dichter Vorhänge des Ellington ist das Zimmer weiss in weiss, so wie man es manchmal in dystopischen Science Fiction Filmen sieht. Mist. Haben wir etwa den halben Tag verpennt? Auf das Stellen eines Schreiweckers haben wir bewusst verzichtet, weil der gestrige Tag dann doch sehr energiezehrend war. Nein. Ist kurz vor Acht. Das geht o.K. Wenn wir uns nun auf Achse machen.
Gepützt und dargetan und Fahrräder gesattelt, machen wir uns auf nach dem Kaffee Einstein an der Budapester Strasse, welches uns Catherine gestern empfohlen hat. Ein paar Minuten Gemütlichkeit mit Cappuccino und Zeitung lesen wird wohl auch auf einer Reise sein dürfen. Schliesslich.
Etwas Planung muss aber auch sein. Wir sind zwar ohne fixen Plan von zu besuchenden Sehenswürdigkeiten nach Berlin gekommen, haben aber jetzt schon weitere Treffen mit meiner Kollegin Oxana heute Abend und wiederum mit Max und Catherine morgen Abend abgemacht. Vorerst aber entschieden wir uns heute mit den Bromptons zum Mauerpanorma von Yadegar Aisi am Checkpoint Charlie zu fahren. Zuerst fiel mir das gepflasterte Band auf, welches den Mauerverlauf markiert und bald schon waren wir bei einem längeren noch verbliebenen Mauerstück, welches an der Niederkirchnerstrasse gelegen ist. Da waren wir zwar schon mal, aber der Anblick ist stets wieder eindrücklich. Schon verrückt, früher mussten sich die Leute vor der Mauer in Acht nehmen, heute muss die Mauer vor den Leuten geschützt und ihrerseits eingezäunt werden.
Beim Checkpoint Charlie an der Friedrichstrasse war ein Gewusel, dass es keine Freude war. Also kauften wir uns Karten für das bereits angesprochene Panorama, welches mit einem Blick von einem Wohnhaus in Kreuzberg auf 60 x 15 Metern das geteilte Berlin erlebbar macht. Offenbar ist keiner einzigen Person die Flucht über die Mauer der 3. Generation von 1975 je gelungen. Das Ambiente war bedrückend und erinnerte an den kalten Krieg, an welchen wir uns beide doch noch gut erinnern können. Ganz im Gegensatz zu der Studentin, welche in die Geschichte einführte. Sie ist 22 und bekam von alledem nichts mit. Wie die Zeit verfliegt.
Des nachmittags war uns dann nach etwas Bewegung, will meinen Fahrradfahren. Und weshalb nicht einen Blick über den einstigen eisernen Vorhang werfen und nach der DDR fahren? Und in der Tat verändert sich das Gesicht der Stadt in der einstmals sowjetisch kontrollierten Zone. Spätestens beim Alexanderplatz und entlang der kilometerlangen Karl-Marx-Allee bis zum Frankfurter Tor werden die Unterschiede dann augenfällig. Krass, was die damals hier hingeklotzt haben, die meisten Gebäude sind wohl der Bauform des Brutalismus zuzuordnen. Das ist zwar beeindruckend, aber nicht so mit Ambiente von gemütlich für Kaffee und Kuchen und so fanden wir dann eine geeignete Location dafür bei den Gleisen in der Nähe des Alexanderplatzes.
Eineinhalb Stunden noch bis zum Treffen mit Oxana, doch, das muss noch für einen Umweg am Prenzlauer Berg vorbei zur Gedenkstätte Berliner Mauer reichen. Die Mauer, deren vorgelagerte Hinterlandmauer und der dazwischen liegende Todesstreifen lassen die Dimensionen dieser gigantischen und mehr als 150 km langen Grenze erahnen.
Zurück beim Hotel reichte es gerade noch die Bromptons abzuwerfen und zu Fuss eilten wir dann zur Monkey Bar, wo wir gerade just pünktlich ein- und Oxana antrafen. Auch dieser Tipp von Catherine sollte sich als goldrichtig herausstellen, die Aussicht von der Bar über die Stadt ist tatsächlich gewaltig. Also tranken wir.
Am Vortag fragten uns Catherine und Max, ob wir wegen des grossen Stadtfestes gerade in diesen Tagen angereist seien. Davon wussten wir nichts, aber wieso auch nicht die Chance nutzen. Wir trollten uns also zu dritt an das Stadtfest, wo wir einige Futterstände frequentierten und dem gar lustigen Treiben schauten. Boah, Leute hatte das hier, viele. Sehr viele.
Die Stimmung war ausgelassen, aber begleitet von einem immerwährend lauten Schalldruckpegel und vor allem hatte ich nach zweieinhalb Stunden ununterbrochenem Dauerpassivrauchen Schnauze (und Lunge) voll. Alle rauchen. Und das ohne Unterbruch. Alle. Muss wohl gesund sein oder so. Grauenhaft. Zudem müde weil langer Tag. Also Feierabend, Verabschieden, Hotel, Zigarettengestank wegduschen, Blog, Schlafen.
Nicolina 22. Juli 2018
Hej…immer wieder cool eure Abenteuer! 🙂 liebe Grüsse Nicole
Stefan und Steffu 23. Juli 2018 — Autor der Seiten
Danke Dir, Nicole. Schön, dass Du am Ball bist. Ein zweifelhaftes Abenteuer hatten wir heute noch auf dem Weg zurück ins Hotel. Haben wir das auch mal erlebt … :/