Nachdem wir gestern viel zu früh aufgestanden und des Abends entsprechend müde waren, war es gewiss angezeigt, heute dann aufzustehen, wenn es unsere Serotoninspiegel geboten. Also getan. Man(n) soll schliesslich fit sein, wenn er/sie mehr als 500 Kilometer spanische Kampfzone vor sich hat/haben.
Im Kaufhaus holten wir uns aber zuerst noch 4 Kilogramm (kein Witz) der gestern zufällig entdeckten Zimtkekse – welche Verführung. Jeden Kubikzentimeter spärlichen Stauraums des Cabrios ausgenutzt und das Dach dennoch offen, fuhren wir gen Nordosten. Der Mensch muss schliesslich auch mal zurück. Nach Hause. Sich die nächsten Ferien verdienen und so.
Die Autovia del Mediterráneo schlängelt sich hoch oben an den kargen Hängen der Sierra Nevade entlang und bot uns einen wundervollen Ausblick auf das Mittelmeer und das Meer an Gewächshäusern, das den ganzen Uferbereich teils fast flächendeckend einnimmt und die Landschaft in einen Plastikmantel eindeckt aus dem ab und zu Dörfer herausragen. Somit ist endlich klar, woher unsere Tomaten im Winter kommen.
Mit 110 an der etwas gar spät entdeckten mobilen Radaranlage vorbei – mal schauen, ob etwas kommt – so stimmte die Richtung doch, was auch am Wetter abzulesen war, es begann nämlich nach 300 Kilometern zum ersten Mal seit gefühlten 50 Tagen zu regnen. Sind immerhin die Scheiben ausnahmsweise mal ausserhalb einer Tankstelle gewaschen. Die Temperaturen sanken plötzlich auf Wollsockenniveau – ein drohender Vorbote des sich wohl anschickenden Winters. Wie ich ihn hasse. Leute, wenn ich irgendwann mal einfach weg bin, im Süden werde ich sein. Weit im Süden.
Geschafft war irgendwann die Strecke und auch wir. Der übermotivierte Hotelier kam mir daher nicht ausschliesslich gut rein, er hat uns aber mit einer solchen Vehemenz empfangen, dass ich schliesslich doch sehr gnädig gestimmt war. Aber vielleicht lag das auch an der unerwartet fulminanten Wohnung samt kaltgestellten Champagners, oder hier in Spanien eben Cavas, oder des Wintergartens voll auf die Gasse raus.
Vis-à-vis hat es ebenfalls Wohnungen und die Bewohner liessen die Szenerie doch sehr an „Das Fenster zum Hof“ erinnern. An die jüngeren von Euch: Googeln.
In Amerika wären Männer in weissen, spitzen Mützen, doch sehr beunruhigend, hier gehören sie nicht dem Ku-Klux-Klan an, sondern machen Stimmung. Im positiven Sinn. Merkwürdig mutet das dennoch an.
Jedenfalls schauten wir dem irre Treiben der Fiesta del Dia de la Comunitat de Valencia aus sicherer Distanz von unserem Wintergarten aus zu und liessen uns vom Strassenfeuerwerk verzaubern. Doch noch etwas Hungrig, besuchten wir das kleine italienische Restaurant vis-à-vis von unserem Hotel, das offenbar zur Zeit ziemlich hip zu sein schien, da Leute vor der Türe standen, um sich einen Tisch zu ergattern. Offenbar hatten wir Glück, da wir ohne zu warten ein Tischchen erhalten hatten und das feine und günstige Essen geniessen konnten.