Da unser Flugzeug nach Ho Chi Minh Stadt bereits um 8.00 Uhr von Hue abhob, mussten wir den Wecker heute auf 05.25 Uhr stellen, damit es noch für ein kurzes Frühstück im schönen Innenhof unseres Hotels reichte. Um 07.00 Uhr verabschiedeten wir uns von unserem Reiseleiter Hung und vom Fahrer Long am kleinen Flughafen von Hue, dankbar über die vielen schönen Eindrücke, die wir mit ihnen erleben durften.
Der Flug dauerte nur kurz. So blieb nur wenig Zeit, um auf den 750 km etwas Schlaf nachzuholen. Ein Häusermeer und Wolkenkratzer am Horizont kündeten die Metropole Saigon vor der Ladung an. Am Flughafen wartete bereits unsere dritte Reiseleiterin Kim mit dem Fahrer Nguyen auf uns. Eigentlich hätten wir gemäss unserem Programm zuerst ins Hotel fahren sollen, doch wie sich herausstellte, begannen wir sogleich mit dem Stadtrundgang.
Vorbei am Wiedervereinigungspalast besuchten wir als erstes das Kriegsmuseum. Auf drei Stockwerken werden den Besuchenden die Gräueltaten der Amerikaner und tragischen Schicksale der Kriegsopfer mit Fotografien und Exponaten vor Augen geführt. Mehrere Bilder zeigten schockierende Kriegsszenen. Vor allem die Fotografien der missgebildeten Kinder, die auf das als „Agent Orange“ bekannte, versprühte Dioxin zurück zu führen sind, waren sehr erschreckend und scheinen schlimmsten Albträumen entsprungen zu sein. Auch die Nachbildung der Gefangenenlager und die Schilderungen der Foltermethoden und Misshandlungen tausender Insassen auf der Insel Phu Quoc, wo sich ironischerweise heute die Touristen beim Baden im Meer vergnügen, erinnerten stark an die Grausamkeit der Konzentrationslager im Zweiten Weltkrieg. Die Ausstellung schont die Besuchenden auf keine Art und Weise und zeigt die Grausamkeit des Krieges in aller Deutlichkeit. Wie durchaus zu erwarten war, fokussiert das Museum absolut einseitig auf die Kriegsverbrechen der Amerikaner und blendet diejenigen Nordvietnams völlig aus, als hätte es von dieser Seite keine gegeben. Das zeigt einmal mehr, dass die Geschichtsschreibung immer auch etwas über die die Geschichte Erzählenden aussagt. Die Ausstellung führt aber dennoch vor Augen, dass Krieg keine Option sein darf.
Und wie steht es heute mit der Einstellung gegenüber den Amerikanern? Die Vietnamesen sind pragmatische Menschen und schauen nach vorne. Mit Amerika haben sie heute keinen Stress mehr, was wir uns bestätigen liessen, weil wir es fast nicht glauben konnten. Es gibt in Saigon sogar eine Bar, welche „Apocalypse Now“ heisst und auf dem Boot in der Halongbucht hatten sie den Drink „B-52“.
Wir liessen die dunklen Zeiten des Vietnamkriegs zurück und fuhren weiter zu der in der Kolonialzeit erbauten Kathedrale Notre Dame, von wo aus wir zu Fuss den Stadtrundgang fortsetzten. Direkt neben der Kathedrale befindet sich das grosse Postamt, dessen Pläne in der Kolonialzeit von Gustave Eiffel erstellt wurden. In der Posthalle machten wir mit dem 86 jährigen Herrn Ngo Bekanntschaft, der seit seiner Pensionierung täglich 2 km mit dem Fahrrad zur Post fährt, um dort als Schreiber Briefe in Englisch oder Französisch für Kunden zu verfassen. Er zeigte uns sogar einen Artikel aus dem Spiegel, in dem er vor einiger Zeit portraitiert worden war.
Wir kamen auch an dem Gebäude vorbei, von dessen Dach die Amerikaner ihre Landsleute beim Fall von Saigon in aller Eile mit einem UH-1 evakuierten. Jemand hielt dies fotografisch fest und verewigte die Situation in einer der berühmtesten Aufnahme des Vietnamkriegs.
Vorbei am schmucken Rathaus und der breiten Fussgängerzone Nguyen Hue machten wir Halt im 50. Stock des 265 m hohen Bitexco Towers, von wo wir einen typischen vietnamesischen Eiskaffee mit wunderbarer Aussicht genossen. Im Gespräch mit Kim fanden wir heraus, dass wir den 50-fachen Betrag dessen für den Kaffee bezahlten, was Einheimische normalerweise in den Restaurants ausgeben, die sie besuchen. Quer durch das Gewusel des zentralen Ben Thanh Marktes hindurch ging es dann ins Restaurant Pho2000, wo wir endlich zu Mittag assen. Im Lokal, wo im Jahr 2000 bereits der ehemalige US-Präsident Bill Clinton verköstigt wurde, schlürften wir eine traditionelle vietnamesische Nudelsuppe mit Fleisch, genannt Pho.
Der Unterschied von Saigon zu Hanoi ist frappant. Saigon ist viel moderner, sauberer, organisierter. Obwohl Saigon grösser als Hanoi ist, ist die Luft viel besser. Unsere Bronchien und Lungen danken.
Anschliessend wurden wir mit dem Auto ins Asian Ruby Hotel gefahren, wo wir uns auf einen freien Nachmittag freuten. Bevor wir aber ausspannen konnten, war Blogschreiben und Wäschewaschen angesagt. Muss auch sein.